HAZ: mag sein, aber dann macht immer noch der Ton die Musik, und in einer Konferenz, in der internationale Presse anwesend ist, sollte man davon ausgehen, dass der Minister, der dort Rede und Antwort steht, genau so etwas nicht tut. Zumindest sollte man, wenn man dieser Ansicht ist, vor der Konferenz eine Sprache als verbindlich festlegen. Hat er aber offensichtlich nicht. Und, um ganz ehrlich zu sein, zu jemandem, der sich auf internationalem Parkett bewegt, gehören Fremdsprachen nun einmal dazu.
Was die Häufigkeit der Sprache angeht halte ich die nicht für maßgeblich, zumindest nicht was die Muttersprache angeht. Englisch ist, und das ist nun einmal ebenso Fakt, eine Sprache, die von den meisten beherrscht wird, ob nun als Muttersprache oder als Fremdsprache. Sonst können wir ja alle Chinesisch lernen, China ist das bei weitem bevölkerungsreichste Land der Welt soviel ich weiß.
Welche drei Länder sprechen englisch in der EU? Ich komme spontan nur auf zwei: Großbritannien und Irland. Ich bezweifle stark, dass mehr Menschen Französisch als Muttersprache haben als Englisch. Beides waren zwar Kolonialmächte zu ihrer Zeit, ebenso wie Spanien, was die Verbreitung dieser Sprachen erklärt, wobei auch deutlich wird, wo die Ziele der Kolonialmächte lagen: Englisch und ein kleiner Teil Französisch in Nordamerika, Spanisch und Portugiesisch in Südamerika, dazu Französisch und Englisch sowie Afrikaans, was dem Niederländischen sehr nahe ist in Afrika. Von Deutsch als Sprache ist in den ehemaligen deutschen Kolonien nicht mehr viel übrig geblieben.
Betrachtet man Sprache als das, was sie (auch) ist, nämlich als ein Medium, um mit anderen Menschen in Verbindung zu treten, dann sollte man sich gerade der Sprache bedienen, die die meisten beteiligten Menschen beherrschen, ob als Muttersprache oder als Fremdsprache ist dabei irrelevant. Und das ist, auch in der EU, nun einmal Englisch. Momentan sind Eingaben an EU-Stellen stets dreisprachig vorzunehmen: deutsch, englisch und französisch, womit man dann wirklich fast alle abgedeckt hat. Ich finde, es wäre wirklich an der Zeit, eine Amtssprache festzulegen. Wird aber sicherlich eine ganze Weile dauern, wie ich die EU kenne.
Dass die Briten eine gewisse sprachliche Arroganz an den Tag legen ist richtig, aber da sind Franzosen noch schlimmer, gerade Deutschen gegenüber. Stellen die fest, dass du nicht muttersprachlich französisch sprichst, bekommst du bestenfalls eine derart schnell dahergenuschelte Antwort, dass du nichts, aber auch gar nichts verstehst. Meist wirst du einfach ignoriert.
Man sollte sich aber vielleicht einmal überlegen, wie es dazu kam. Schließlich ist Großbritannien eine Insel, man hat also keine direkten Nachbarn, die man mal eben besuchen kann, was es eventuell nötig machen würde, deren Sprache zu lernen.
Und, schauen wir uns doch einmal Deutschland und seine Grenzen an. An der Grenze zu den Niederlanden beispielsweise, wo ich aufgewachsen bin, gehörte Niederländisch auf den Weiterführenden Schulen nicht zwingend zum Lehrplan, in den Niederlanden schon. An der Grenze zu Polen soll es meiner Wahrnehmung nach nicht anders gewesen sein.
Back to Oettinger: wenn meine Englischkenntnisse auf seinem unterirdischen Niveau bewegen, dann würde ich mich nicht in der Öffentlichkeit erwischen lassen mit Bemerkungen wie „Ich bin in Englisch für das Gespräch sehr sicher“ und „Englisch wird die Arbeitssprache. Deutsch bleibt die Sprache der Familie und der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest.“ (beides hier nachzulesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Oettinger). SIcher, es gibt noch andere Kernkompetenzen eines EU-Energiekommissars, aber dass er die besitzt bezweifle ich halt auch. Der Mann ist ein typischer Fall von wegbefördert, damit er nicht noch mehr Schaden anrichtet.
Flip Fusel, dass Menschen, die ins Ausland gehen, sich keine Spur Gedanken darüber machen, wie sie sich dort verständigen ist immer wieder zu sehen, auch das ist eigentlich kein Problem derer, die hier in Deutschland sind. Wenn man sich einmal eine dieser allgegenwärtigen Auswanderer-"Dokus" ansieht, so ist es erstaunlich, wie viele Menschen sich aus was weiß ich für Grunden auf den Weg zu fernen Gestaden aufmachen, ohne auch nur einmal dort gewesen zu sein, geschweige denn die Sprache zu sprechen oder sich über irgendetwas informiert zu haben, und die wollen dort nicht Urlaub machen, die wollen dort leben und arbeiten. Gedankenlos, wie ich finde.
Was die Kommunikation hier, vor Ort, angeht, so muss ich, will ich mich denn mit jemandem, der meine Muttersprache nicht beherrscht, sprechen, auf andere Mittel zurückgreifen. Spricht er englisch und spreche ich englisch, so ist das eine gute Wahl. Ich habe auch schon einmal einer Unterhaltung zwischen einer Niederländerin und einem Briten beigewohnt, die auf der einen Seite auf Niederländisch, auf der anderen Seite auf Afrikaans geführt wurde. Geht auch. Sehr bizarr war auch das Gespräch mit einem Kanadier, der englisch, französisch und ein wenig deutsch konnte. Das wurde dann locker dreisprachig, wobei mein Französischanteil naturgemäß geringer war, ebenso sein Deutschanteil. Und das ging dennoch hervorragend.
Will sagen, wenn ich mit jemandem kommunizieren will, dann bin ich gezwungen, irgend einen Code zu finden, den beide verstehen. Kann auch mal Zeichensprache sein. Ist aber, weil das die allermeisten verstehen, nun einmal meistens Englisch.
In diesem Sinne, have a nice weekend.